Mittwoch, 30. Mai 2012

Die Welt dreht sich zu schnell

Die Bässe hämmern mir gegen die Brust, so stark das ich kaum atmen kann, mein Herz im selben Takt schlägt. Seine Stimme dringt laut an mein Ohr, ich stehe ganz vorn und kann ihn genau sehen. Er mich jedoch nicht, weil er mich hier nicht erwartet, der Freund den wir beim Weihnachtsmarkt gewonnen haben, den wir hier heute überraschen wollen. Meine Mutter und eine Freundin stehen jeweils rechts, beziehungsweise links von mir, tanzen im Takt seiner Musik und feiern. Nur ich stehe still da, genieße die Musik. Nur ich will nicht tanzen. Ich kann nicht tanzen. Ich muss mich betrinken um zu tanzen und ich brauche Freunde um mich herum. Nicht meine Mutter und ihre Freundin, nicht die betrunkenen Dörfler, die zu allem abgehen, sei es Rammstein oder Leider geil, was auch immer er singt. Ich fühle mich nicht wohl genug um zu tanzen.
Ich spüre die Blicke die mich von der Seite treffen, wie sie mich beäugen weil ich nur dastehe. "Dir gefällt es wohl nicht?". Der spitze Kommentar trifft, ich weiß genau was sie meint. Immer mehr machen sie sich lustig über mich, über meine Steifheit, die immer mehr zunimmt je mehr Blicke sie sich zuwerfen, mal genervt, mal belustigt, mal laut lachend. Ich ziehe mich zurück, will weiter nach hinten um von ihnen weg zukommen, doch sie ziehen an meinem Rock, schwingen den langen Chiffon im Rythmus des Liedes- und lachen mich offen aus. Meine eigene Mutter lacht mich in der Öffentlichkeit aus. Will allen zeigen wie dumm und unbeweglich ich bin.
Tränen steigen mir in die Augen, ich schiebe es auf den dichten Zigarettenqualm, mein Magen knurrt. Nichts mehr gegessen, und meine Knie werden schon weich. Jetzt schon? Nach nichtmal einem Tag? Versager. Du weißt nicht was echter Hunger ist. Doch auch die schlechte Luft, die Enge, die Menschenmassen um mich herum die mich zu verachten scheint, die vielen blinkenden Lichter- ich kippe um.

Meine Mutter begleitet mich nach draußen: "Na, mit dir kann man aber auch nirgendwohin? Am besten bleibst du im München immer im Wohnheim, die vielen Menschen wären nichts für dich."
Aha. Danke.
Sie schleift mich wieder rein, obwohl ich noch wackle, und gern sitzen bleiben würde. Ich finde eine Bank, bleibe den Rest des Abends dort. Sobald ich länger stehe beginnt die Welt sich wieder zu schnell zu drehen.
Nippe an der mir gereichten Cola, bis sie mich zwingen sie auszutrinken. Fuck. Die Kalorien!
Am Ende des Konzerts betrachten sie mich mitleidig, wie ein zerfetztes Tier am Straßenrand.
"Wollen wir gehen?" Keine unschuldige Frage, jeder Ton lässt heraushören das sie wegen mir gehen MÜSSEN. Ich will nicht gehen, will noch das Treiben der Nacht beobachten, doch da sitzen wir schon wieder im Auto. Gleich um 5. Das einzig Gute des Abends ist der Sonnenaufgang, der sich vor meinen Augen ausbreitet.

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