Sonntag, 23. September 2012

Dunkelheit vor den Fenstern

Durch das hell erleuchtete Innere des ICE kann ich nicht nach draußen Blicken. Nur manchmal saust die Silhouette eines Bahnhofs vorbei, schneller als ich den Namen lesen könnte. Meine erste Heimfahrt liegt hinter mir, die erste von vielen, aber sie ist noch nicht vorbei. Am Freitag musste ich mit dem Taxi eine Stunde nach Hause fahren, da sich ein Selbstmörder vor den Zug geworfen hat und wir somit umgeleitet wurden.
Jetzt tönt die Stimme des Schaffners durch den Zug, doch ich melde mich nicht bei der Frage nach zugestiegenen. Ich sitze schon seit Stunden im Zug. Neben mir schläft eine junge Frau und die langen blonden Haare fallen ihr über das Gesicht, der Kopf ist ihr an die Scheibe gesunken. Obwohl sie nicht geschminkt ist und unauffällige Kleidung trägt, bin ich fasziniert. Ihre Miene ist so friedlich, so... frei von allen bösen Dingen die durch die Welt gehen. Am liebsten würde ich ein Foto machen.
Doch ich wende mich wieder ab, kehre zurück zu dem Laptop auf meinem Schoß und schreibe weiter. Ein "plopp" ertönt aus meinen Kopfhörern, L. hat mir geschrieben. Trotz der Uhrzeit ist ernoch wach und begleitet mich sozusagen durch die lange Fahrt. Am liebsten würde ich die Augen schließen, ebenso schlafen, doch ich kann irgendwie nicht.
 In Erfurt habe ich meinen Personalausweiß und die Bankkarte liegen lassen, und könnte mir dafür in den Hintern beißen. Natürlich habe ich auch kein Geld mehr in der Tasche bis auf 2 Euro.
Der Zug wirft mich in meinem Sitz hin und her, ein paar wenige Lichter rauschen vorbei. Bis auf das Gerumpel der Motoren ist nichts zu hören, nur wenige verhaltene Gespräche dringen durch das Abteil. Und so gebe ich mich wieder völlig dem besonderen Gefühl hin durch die Landschaft zu rasen, die jetzt jedoch nicht zu erkennen ist sondern nur wie ein schwarzes Tuch neben uns her fließt...

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